02.01.2024: Die neue Düsseldorfer Tabelle

Die neue Düsseldorfer Tabelle ab dem 01.01.2024 ist hier abrufbar. Die Hammer Leitlinien werden voraussichtlich in Kürze aktualisiert. Wir beraten Sie gerne rund um das Thema Unterhalt.

18.02.2023: Das Bundesarbeitsgericht und der Gender Pay Gap

Das Bundesarbeitsgericht hat den Gender Pay Gap vielleicht noch nicht endgültig geschlossen, aber doch das Recht von Frauen auf gleiche Bezahlung gestärkt: Am vergangenen Donnerstag fällte es ein wichtiges Urteil (Aktenzeichen 8 AZR 450/21).

Geklagt hatte eine Frau aus Sachsen, die in einem dortigen Metallunternehmen tätig war und die gleiche Arbeit verrichtete wie ein männlicher Kollege. Dieser verdiente jedoch 1.000 Euro brutto monatlich mehr als sie.

Die Klägerin sah darin eine Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Dagegen begründete der Arbeitgeber die Ungleichbezahlung mit dem besseren Verhandlungsgeschick des männlichen Kollegen, der etwa zwei Monate vor der Klägerin eingestellt worden war.

Das geht so aber nicht, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Nachdem sie in den unteren Instanzen gescheitert war, hatte die Klägerin vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht in Erfurt endlich Erfolg. Der achte Senat sprach ihr eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro und eine Entschädigung von 2.000 Euro zu.

Die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing erklärte hierzu: Wenn Frauen und Männer wie in diesem Fall bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt würden, begründe das die Vermutung der Diskriminierung wegen des Geschlechts (§§ 1, 22 AGG). Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen diese Vermutung zu widerlegen. Das Argument, der Mann habe besser verhandelt, sei nicht ausreichend. Vielmehr müsste eine ungleiche Bezahlung durch objektive Kriterien gerechtfertigt sein, hierzu zählen etwa die längere Berufserfahrung oder bessere Qualifikationen.

23.02.2022: Neues zum Abgasskandal

Nachdem wir vor fast einem Jahr darüber berichtet hatten, dass nach einem juristischen Gutachten Dieselfahrer noch zehn Jahre nach dem Kauf ihres Fahrzeugs Ansprüche geltend machen können, ist diese Frage nun höchstrichterlich geklärt.

Für schmutzige Diesel gibt es immer noch sauberes Geld.

Der BGH hatte ursprünglich festgestellt, dass generell Ende 2018, in Sonderfällen auch Ende 2019 Schluss ist mit Schadensersatzansprüchen gegen VW. Mit Entscheidung vom 21.02.2022 hat er dies nun für Neuwagenkäufer korrigiert. Aus § 852 BGB kann auch nach Ablauf der Regelverjährungsfrist von drei Jahren die Rückabwicklung des Kaufs verlangt werden. Der Auffassung von VW, dass die Herstellungskosten gegengerechnet werden können, erteilte der BGH eine Absage.

Wenige Tage zuvor hatte der BGH entschieden, dass dies nicht für Gebrauchtwagenkäufer gilt. Für sie ist wirklich schon seit Längerem Schluss, sodass sie das Thema abhaken können.

All dies gilt für den ursprünglichen Dieselskandal mit dem Motor EA 189. Für andere Motoren beginnt die Verjährungsfrist in aller Regel später. Was andere Motoren und andere Fahrzeughersteller betrifft, so können immer dann Ansprüche bestehen, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung im Fahrzeug verbaut ist. Für manche Modelle hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) dies festgestellt. Tabellen sind über diese Seite zu erreichen, wobei vor allem die Tabelle der vom KBA zugelassenen Modelle, die nicht den EA 189-Motor betreffen interessant ist.

Aber auch, wenn Ihr Modell nicht auf der Liste zu finden ist, lassen sich im Vergleichswege mit den Herstellern Lösungen finden, die etwa in einem Gutschein für den erlittenen oder zumindest wahrscheinlichen Wertverlust bestehen können. Sprechen Sie uns gerne an!

08.11.2021: Neuer Bußgeldkatalog tritt in Kraft

Nach den Pleiten und Pannen vom letzten Mal erscheint nun erneut ein überarbeiteter Bußgeldkatalog. Ab morgen, 9. November 2021, gelten die neuen, strengeren Regeln.

Hier ein Auszug der Strafen, die Verkehrssündern bisher für Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem Pkw drohten:

TatBußgeldPunkteFahrverbot
16-20 km/h io.35,00 €0nein
21-25 km/h io.80,001nein
31-40 km/h io.160,00 €21 Monat
16-20 km/h ao.30,00 €0nein
21-25 km/h ao.70,00 €1nein
41-50 km/h ao.160,00 €21 Monat

Ein Auszug aus den neuen, verschärften Regeln:

TatBußgeldPunkteFahrverbot
16-20 km/h io.70,00 €0nein
21-25 km/h io.115,00 €1nein
31-40 km/h io.260,0021 Monat
16-20 km/h ao.60,00 €0nein
21-25 km/h ao.100,00 €1nein
31-40 km/h ao.260,00 €21 Monat

Die „2×26-Regel“ – also Fahrverbot von einem Monat bei mehr als einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 oder mehr km/h – bleibt bestehen, aber mit erhöhten Bußgeldern. Punkte in Flensburg gibt es weiterhin ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 21 km/h. Auch bleibt die Grenze von acht Punkten bestehen: Hat man diese Anzahl in Flensburg erreicht, wird die Fahrerlaubnis entzogen.

Weitere Neuerungen im Bußgeldkatalog sind etwa höhere Bußgelder für Falschparker sowie bei Gefährdungen von Fußgängern und Radfahrern. Bei der Bildung der Rettungsgasse kommt in Zukunft zu zwei Punkten und 200 Euro Bußgeld ein einmonatiges Fahrverbot, wenn keine gebildet wird. Der komplette Bußgeldkatalog ist hier zu finden.

Bei Geschwindigkeits- und anderen Verstößen im Verkehr helfen wir Ihnen schnell und kompetent. Kontaktieren Sie uns unter 0521-123412, per Mail an info@boss-meyer.de oder per WhatsApp. Wichtig: Gerade bei der Verhängung eines Fahrverbots kann es sich lohnen, schon bei der Bußgeldbehörde und nicht erst im Gerichtsverfahren das Absehen vom Fahrverbot zu beantragen, wenn Sie dringend auf Ihren Führerschein angewiesen sind. Auch hierbei stehen wir Ihnen gerne zur Seite. 

30.10.2021: Gesetzesänderung: Verbraucherverträge leichter kündbar

So ähnlich müssen künftig die Webseiten von Unternehmen gestaltet sein, die beispielsweise Mobilfunkverträge anbieten.

Manch einer kennt das Problem: Da hat man im Internet schnell etwas angeklickt, einen Vertrag abgeschlossen und weiß nun nicht, wie man da wieder herauskommen soll. Doch dank einer neuen gesetzlichen Regelung können Verbraucherverträge künftig einfacher gekündigt werden. Am 01.01.2022 tritt das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ in Kraft. Es enthält vor allem zwei spannende Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Verträge müssen per Knopfdruck zu kündigen sein

Da ist zunächst der geänderte § 312 k BGB. Der ist ziemlich lang und enthält – wie abzusehen war – kompliziertes Juristendeutsch, sagt aber vor allem aus: So leicht, wie Verträge im Internet abzuschließen sind, müssen sie auch gekündigt werden können. Im Gesetzestext (Absatz 2 Satz 2) klingt das dann so: „Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ‚Verträge hier kündigen‘ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.“ Wer die Schaltfläche betätigt, muss zu einem Formular gelangen, in das er seine Daten eintragen kann und erhält dann die Schaltfläche „Jetzt kündigen“. Drauf drücken, fertig.

Der Unternehmer muss sowohl Abgabe als auch Zugang der Kündigung bestätigen, und die Bestätigung muss den Zeitpunkt der Kündigung enthalten. Es soll also Schluss sein mit langem Suchen, wo sich denn eine Kündigungsmöglichkeit verstecken könnte, dem Rätselraten über die richtige Adresse und dem Nachdenken darüber, ob ein Einwurfeinschreiben ausreichen könnte und was passiert, wenn der Unternehmer zwar den Erhalt eines Briefes einräumt, aber dessen Inhalt bestreitet.

Automatische Verlängerung nur noch um jeweils einen Monat

Eine weitere Erleichterung betrifft die automatische Verlängerung zum Beispiel von Handyverträgen. Bisher haben sich diese nach einer Mindestlaufzeit in der Regel um jeweils ein Jahr verlängert, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wurde. Daraus wird im neuen § 309 Nr. 9 BGB eine Verlängerung nur noch im jeweils einen Monat. Es gilt dann Folgendes (Achtung, kompliziert): 

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei einem  Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses unwirksam. Es sei denn, das  Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen  Vertragsteil wird das Recht  eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen“.

Ja, das war jetzt wirklich schwierig, aber weil es den Text so noch nirgends gibt (im Gesetzesentwurf steht der Paragraf nur zur Hälfte – denn die ursprüngliche Regelung bleibt teilweise erhalten – und im BGB ist natürlich bis Jahresende noch die alte Regelung enthalten) wollten wir Ihnen das nicht vorenthalten. An die Unternehmer: Wir beraten Sie schon jetzt gerne zur Umsetzung der neuen Regelungen!

12.09.2021: Update zum Widerruf von Kreditverträgen

Schon mehrfach haben wir darüber berichtet, dass Sie Kreditverträge auch noch lange nach Ablauf der gesetzlichen Frist widerrufen und damit viel Geld sparen können (siehe News vom 17.04.2021). Jetzt kommt frischer Wind in die Sache, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass viele Widerrufsbelehrungen nicht den Mindestanforderungen genügen – was bedeutet, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.  

Was hat der EuGH entschieden?

Neu ist, dass der EuGH im Urteil vom 09.09.2021 (Rs. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) klargestellt hat, dass der exakte Prozentsatz beim Verzugszins und die Vorfälligkeitsentschädigung in „für Verbraucher leicht nachvollziehbarer Weise“ angegeben werden müssen. Und das ist oft nicht der Fall. Einschränkung: Das gilt nur für Verbraucherdarlehensverträge, z.B. für den Autokauf, nicht für Immobilienkredite. Was haben Sie vom Widerruf? Bessere Zinsen, Rückzahlung der Händlermarge beim Autokauf, Kaufpreis zurück bei Fahrzeugen, die z.B. vom Abgasskandal betroffen sind und bei denen Ansprüche verjährt sind. Sprechen Sie uns an.Vor ziemlich genau einem Jahr hatten wir an dieser Stelle erklärt, was das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26.03.2020 (C-66/19) zur Unwirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bedeutet. Wir hatten aufgezeigt, dass der dass der BGH am 19.03.2019 (XI ZR 44/18) schon einmal über die dort problematisierte Kaskadenverweisung entschieden hatte und diese für wirksam hielt. Von dieser Rechtsprechung ist der BGH mittlerweile teilweise abgerückt, sodass Verbraucher viele Verträge widerrufen können.

Unser Angebot

Lassen Sie sich von uns beraten. Gerne prüfen wir vorab kostenlos Ihren Kreditvertrag. Wir legen Wert darauf, Ihnen die Rechtslage fair und ohne unseriöse Werbeversprechen zu erklären.

17.04.2021: Update zum Widerruf von Kreditverträgen

Vor ziemlich genau einem Jahr hatten wir an dieser Stelle erklärt, was das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26.03.2020 (C-66/19) zur Unwirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bedeutet. Wir hatten aufgezeigt, dass der dass der BGH am 19.03.2019 (XI ZR 44/18) schon einmal über die dort problematisierte Kaskadenverweisung entschieden hatte und diese für wirksam hielt. Von dieser Rechtsprechung ist der BGH mittlerweile teilweise abgerückt, sodass Verbraucher viele Verträge widerrufen können.

Die Ausgangssituation

Es geht darum, dass Verträge auch lange nach Ablauf der eigentlich 14-tägigen Widerrufsfrist noch widerrufen werden könnten, weil diese Frist formell-rechtlich eben noch nicht abgelaufen ist. Weil die Frist erst mit der Übersendung einer richtigen Widerrufsbelehrung beginnt. Der Widerruf kann etwa bei Fahrzeugfinanzierungen sinnvoll sein, weil damit auch das Auto zurückgegeben werden kann (Verbundenes Geschäft). Das wiederum kann sich anbieten, wenn das Fahrzeug etwa vom VW-Abgasskandal und dem damit verbundenen außergewöhnlichen Wertverlust betroffen ist, eine Klage gegen den Hersteller aber zum Beispiel deswegen nicht erfolgversprechend ist, weil der Kaufzeitpunkt nach September 2016 liegt.

Was hat der BGH entschieden?

Der BGH hat das eingangs zitierte Urteil des EuGH ernst genommen und sich ausdrücklich von seinem ebenfalls oben zitierten Urteil distanziert: „Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation ist fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf „alle Pflichtangaben nach §492 Absatz2 BGB“ nicht klar und verständlich i.S.d. Art.247 §6 Abs.1 Satz1 EGBGB ist“. Dies jedenfalls im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge. BGH, Urteil vom 27.10.2020 – XI ZR 498/19

Was lauern noch Fallstricke?

Der BGH erleichtert damit den Widerruf vor allem von Fahrzeugfinanzierungen erheblich. Dennoch zeigt unsere Erfahrung, dass sich Instanzgerichte oft sperren, etwa Rechtsmissbrauch annehmen, wenn ein Kreditvertrag lange Zeit von den Parteien gelebt wird. Eines ist jedoch klar: Der Druck auf die Banken, einen teuren, aufwendigen und riskanten Rechtsstreit durch ein günstiges Vergleichsangebot zu vermeiden, ist spürbar gewachsen.

02.04.2021: Impfungen vs. Sorgerecht

Die Corona-Pandemie beherrscht aktuell sämtliche Lebensbereiche. Zwar werden Kinder derzeit noch nicht gegen das Covid 19-Virus geimpft, wenn es aber soweit ist, könnte dies auch unter Eltern zum Streitpunkt werden.

Generell gilt Folgendes: Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Kind trifft der sorgeberechtigte Elternteil bzw. beide Eltern, wenn sie die gemeinsame elterliche Sorge innehaben. Können sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern in einer Angelegenheit nicht einigen, besteht die Möglichkeit, beim zuständigen Familiengericht die Entscheidungskompetenz für diese auf ein Elternteil zu übertragen.

Impfungen von Kindern sind Teil der elterlichen Sorge.

So geschehen in einem Fall, den kürzlich das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.03.2021, Aktenzeichen 6 UF 3/21) zu entscheiden hatte. Die Mutter wollte ihr Kind entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) impfen lassen, der Vater war dagegen. Vor dem Amtsgericht bekam die Mutter recht, ihr wurde die alleinige Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Schutzimpfungen zugesprochen. Der Vater zog vor das Oberlandesgericht.

Hier wurde die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Die Entscheidungskompetenz in streitigen Fällen ist grundsätzlich auf den Elternteil zu übertragen, dessen Konzept dem Kindeswohl eher gerecht werde. Nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main könne davon ausgegangen werden, dass eine an den Empfehlungen der STIKO orientierte Entscheidung dem Kindeswohl gerecht werde. Der vorherigen Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe es nicht, da die individuelle Impffähigkeit in der konkreten Impfsituation ärztlich überprüft würde.

Zwar betrifft die hier vorgestellte Entscheidung die gängigen Schutzimpfungen, das Prinzip kann aber auf eine eventuell bald verfügbare Corona-Schutzimpfung für Kinder übertragen werden.             

02.02.2021: Corona-Regelungen im BGB

Lockdown, Lockerungen, Überbrückungs- und Unterstützungsgelder sind zurzeit die dominierenden Themen. Einige weniger prominente Reaktionen des Gesetzgebers auf die Covid-19-Pandemie möchten wir an dieser Stelle kurz beleuchten.

Das EGBGB.

1. Reisegutscheine

Reiseunternehmen sollen dadurch unterstützt werden, dass sie Anzahlungen nicht in bar zurückzahlen, sondern in einen Gutschein umwandeln können. Die entsprechende Vorschrift Art. 240 § 6 EGBGB ist allerdings rein freiwillig: „Der Reisende hat die Wahl, ob er das Angebot des Reiseveranstalters annimmt oder sein Recht auf Rückerstattung des Reisepreises ausübt.“ Somit darf der Sinn dieser Regelung durchaus hinterfragt werden.

2. Gutschein für Freizeitveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen 

Ganz anders konzipiert ist nämlich die Regelung in Art. 240 § 5 EGBGB. Kunden müssen einen solchen Gutschein statt einer Erstattung hinnehmen. Die Ausnahme regelt Absatz 5: „Der Inhaber eines […] Gutscheins kann von dem Veranstalter oder Betreiber die Auszahlung […] verlangen, wenn entweder der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist oder er den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst hat.“ Kunden müssen sich also bis zum Jahresende gedulden, wenn sie eine Erstattung in bar haben möchten, oder geltend machen, dringend auf das Geld angewiesen zu sein.

3. Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

Am kompliziertesten ist die neue Regelung zu § 313 BGB in Art. 240 § 7 EGBGB. Sie betrifft Mieter und Pächter von Gewerberäumen und erlaubt bei pandemiebedingten Beeinträchtigungen wie Schließungen oder Umsatzeinbrüchen Vertragsanpassungen. In Betracht kommen dürfte vor allem die hälftige Mietminderung, wie sie sich in der Rechtsprechung bereits abzeichnet.

06.12.2020: Keine Mietpreisbremse mehr in Bielefeld

Nach der neuen Mieterschutzverordnung NRW gilt die Mietpreisbremse nicht in Bielefeld nicht mehr. Für Mieterhöhungen bleibt es dabei bei der allgmeinen Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB in Höhe von 20 Prozent. Die angemessene Miete orientiert sich am aktuellen Mietspiegel, eine kurze Übersicht findet sich auf der Seite der Stadt Bielefeld, den gesamten Mietspiegel gibt es hier zum Herunterladen. Was der Mietspiegel für Sie bedeutet und wie er zu lesen ist, erklären wir Ihnen gerne im persönlichen Gespräch. Weitere Informationen zum Thema Mieterhöhungen haben wir hier für Sie zusammengefasst.

04.07.2020: Neuer Bußgeldkatalog unwirksam?

Immer schön passend fahren!

Der neue Bußgeldkatalog, seit dem 28. April in Kraft, kommt nicht aus den Schlagzeilen: Zuerst sorgten die deutlichen Verschärfungen gegenüber den alten Regelungen für Aufregung unter den Autofahrern. Dann war Verkehrsminister Andreas Scheuer selbst unzufrieden mit den Neuregelungen. Nun soll der neue Bußgeldkatalog sogar unwirksam sein wegen eines Formfehlers.

Worin besteht der Fehler?

Aufgefallen war, dass die Bußgeld-Reform gegen das Zitiergebot verstößt. Der Bußgeldkatalog, rechtlich als Verordnung einzustufen, muss die Verordnungsermächtigung, auf die er sich stützt, auch benennen. Das war teilweise vergessen worden. Doch was bedeutet das nun für Verkehrssünder?

Der Bund hat die Länder aufgefordert, die Neuregelungen nicht anzuwenden. Einige Bundesländer haben den neuen Bußgeldkatalog bereits ausgesetzt, andere haben angekündigt, wieder nach den alten Vorschriften zu bestrafen.

Was bedeutet das für Autofahrer?

Wer einen Bußgeldbescheid nach den Neuregelungen erhalten hat, sollte die zweiwöchige Einspruchsfrist nicht verstreichen lassen. Bei einem schon rechtskräftig verhängten Fahrverbot kann versucht werden, einen Vollstreckungsaufschub bei der zuständigen Behörde zu erwirken oder – wenn der Führerschein bereits abgegeben wurde – in einem Gnadenverfahren die Aufhebung des Fahrverbots und Herausgabe des Führerscheins.

Bei Fragen rund um das Thema Verkehrsordnungswidrigkeiten sprechen Sie uns gerne an.      

16.06.2020: Keine Benachteiligung von Frauen bei der Rententeilung

Betriebsrenten im Versorgungsausgleich
Betriebsrenten im Versorgungsausgleich

Frauen dürfen bei der Aufteilung der Rentenanwartschaften im Rahmen des Scheidungsverfahrens nicht unangemessen benachteiligt werden, hat kürzlich das Bundesverfassungsgericht entschieden. Konkret geht es um die Teilung von Betriebsrenten.

Die Entscheidung hat folgenden Hintergrund: Bei einer Scheidung wird grundsätzlich auch der sogenannte Versorgungsausgleich durchgeführt, das heißt, die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften werden zwischen den Ehegatten hälftig aufgeteilt.

Interne vs. externe Teilung

Dies ist unkompliziert, wenn beide Ehegatten Anwartschaften bei demselben Rentenversicherungsträger, etwa bei der Deutschen Rentenversicherung, haben („interne Teilung“). Schwieriger wird es, wenn etwa der Ehemann auch Anrecht auf eine Betriebsrente hat.

Der Arbeitgeber kann entweder die Ehefrau in die betriebliche Versorgungskasse aufnehmen. Oder aber er kann verlangen, dass die auf die Ehefrau zu übertragenden Anrechte an einen anderen Rentenversicherungsträger ausgelagert werden („externe Teilung“).

Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung die Arbeitgeber entlasten und davor schützen, eine ihnen nicht bekannte Person, die auch nie für sie tätig gewesen ist, ins betriebliche Versorgungssystem aufnehmen zu müssen. Jedoch führt diese Vorgehensweise häufig zu Verlusten; der Ehemann verliert die Hälfte seiner Betriebsrente, aber durch Transfer- oder Zinsverluste kommt weniger bei der Ehefrau an.     

Frauen verfügen häufig über weniger Rentenanwartschaften

Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass die Regelung grundsätzlich nicht verfassungswidrig sei, aber auch nicht zu Lasten der ausgleichsberechtigten Person gehen dürfe (umgekehrt stellt sich das Problem natürlich auch, aber oftmals verfügen die Frauen aufgrund der noch häufig praktizierten klassischen Rollenverteilung über weniger Rentenanrechte).

Maximal zehn Prozent Verlust seien laut dem Bundesverfassungsgericht hinnehmbar. Die genaue Ausgestaltung der Durchführung des Versorgungsausgleichs im Einzelfall obliegt danach den mit Scheidungsverfahren befassten Familiengerichten. Diese müssen nun die betroffene Regelung verfassungskonform auslegen.       

08.05.2020: Neues Online-Formular für Ehescheidungen

Nutzen Sie unser neues Online-Formular für die schnelle, günstige und unkomplizierte Abwicklung Ihrer Scheidung: https://boss-meyer.de/online-scheidung/.

Selbstverständlich behandeln wir Ihre Daten vertraulich. Wir unterliegen der anwaltlichen Schweigepflicht. Bitte beachten Sie hierzu auch die Hinweise in unserer Datenschutzerklärung.  

10.04.2020: Häusliche Gewalt in der Corona-Krise

Mit diesem Formular können Sie uns die für ein Scheidungsverfahren erforderlichen Daten und Unterlagen ganz einfach online und deutschlandweit übermitteln. Mit dem Ausfüllen und Absenden des Formulars verpflichten Sie sich jedoch zu nichts, die Dateneingabe ist kostenlos und unverbindlich. Nach Eingang Ihrer Daten erstellen wir Ihnen einen Kostenvorschlag auf Basis der gesetzlichen Mindestgebühren, den wir Ihnen mit den weiteren Scheidungsunterlagen zusenden. Sie entscheiden dann, ob Sie uns mit der Durchführung Ihres Scheidungsverfahrens beauftragen möchten. Falls Rückfragen bestehen sollten, kontaktieren wir Sie telefonisch oder per Mail, ein Besuch in unserer Kanzlei ist also nicht erforderlich.

Schulen und Kitas, viele Geschäfte und Lokale sind aufgrund der Corona-Pandemie zur Zeit geschlossen, zahlreiche Arbeitnehmer befinden sich in Kurzarbeit oder sitzen im Homeoffice. Familien rücken nun enger zusammen, hinzu kommen Ausgangsbeschränkungen, fehlende Sozialkontakte nach außen und Existenzängste.

Es gibt Stimmen, die eine ansteigende Rate von häuslicher Gewalt in dieser Situation befürchten. Laut Statistik ist jede vierte Frau von häuslicher Gewalt betroffen, nach einer nicht repräsentativen Studie wird auch jeder zehnte Mann Opfer. Genaue Zahlen, wie viele Betroffene es unter Corona sind, gibt es noch nicht.

Doch was ist das überhaupt, häusliche Gewalt?

Es handelt sich hierbei um körperliche, sexuelle oder psychische Gewalttaten zwischen Menschen, die in einem Haushalt zusammen leben und emotional verbunden sind, es geht also um Gewalt in Paarbeziehungen, gegen Kinder oder ältere Menschen.

Nicht nur können solche Fälle häuslicher Gewalt in der Krise erstmals auftreten, es besteht auch die Gefahr der Eskalation in den Familien, in denen es schon vor Corona zu Übergriffen gekommen ist.

Was können Sie tun, wenn Sie betroffen sind?

Wenn Sie akut gefährdet sind, rufen Sie auf jeden Fall die Polizei! Für Beratungen zum Thema Trennung, (Härtefall-) Scheidungen oder Gewaltschutzverfahren stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. 

13.02.2020: Herzlichen Glückwunsch & Herzlich Willkommen!

Jahrgangsbeste im Kammerbezirk: Angelina Saller

Als Jahrgangsbeste hat unsere Auszubildende Angelina Saller die Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten absolviert. Vorher hatte sie wegen besonders guter Leistungen die Ausbildung sogar um ein halbes Jahr verkürzt. Wir freuen uns, dass wir Frau Saller nunmehr als feste Mitarbeiterin für unsere Kanzlei gewinnen konnten. Sie steht Ihnen gerne als erste telefonische Ansprechpartnerin kompetent und freundlich für Ihre Anliegen zur Verfügung.


20.12.2019: BGH zum Parken auf Privatgrund

Falschparken auf Privatgrundstücken
BGH verschärft Haftung für Falschparken auf Privatgrund

Bisher war es relativ einfach, einer Haftung für Falschparken auf Privatgrundstücken zu entgehen. Man musste lediglich behaupten, nicht gefahren zu sein. Eine Vertragsstrafe – also eine Art „Bußgeld“ gegenüber dem Parkraumbewirtschafter – konnte aber nur den Fahrer treffen. Der Bundesgerichtshof hat jetzt zur Halterhaftung für Fahrzeuge geurteilt.Genau genommen nimmt er keine Halterhaftung an, sondern unterstellt dem Halter, im Zweifel auch der Fahrer zu sein. Der Halter muss also konkret darlegen, nicht gefahren zu sein – indem er andere mögliche Fahrer benennt. Uns erinnert das an die Rechtsprechung zum unerlaubten Filesharing. Auch dort reicht einfaches Bestreiten einer eigenen Handlung nicht aus. Zu beiden Themenkomplexen beraten wir Sie gerne.

20.10.2019: Bericht im Haller Kreisblatt

Zu unverhofftem und indirektem Ruhm hat uns das Haller Kreisblatt verholfen. Der gelungene Artikel bedarf lediglich kleinerer Präzisierungen. „Anwältin“ ist natürlich richtig, Herford als Sammelbegriff für Bielefeld und Enger lassen wir gelten und „Spezialistin für Blitzerprobleme“ ehrt uns. Wir haben diese Verfahren jedoch nur als Terminsvertreter betreut. Uns ist die Rechtsprechung des OLG Hamm und der nachgeordneten Amtsgerichte – wie Halle, Herford und Bielefeld – zum Messgerät Traffistar S 350 des Herstellers Jenoptik bekannt. Deswegen würden wir in einem eigenen Mandat ein Einspruchsverfahren (im Artikel insoweit unpräzise „Widerspruchsverfahren“) nicht allein aufgrund der Verwendung des Messgerätes und des Urteils des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs betreiben. Wir würden vielmehr die Messung individuell prüfen und rechtsfolgenorientiert verteidigen. Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.

22.07.2019: TV-Beitrag in der Lokalzeit

Wir durften unsere Mitwirkung im Projekt „CariLaw“ in der WDR-Lokalzeit vom 17.07.2019 präsentieren. Das Video ist über die WDR-Mediathek allerdings nicht mehr abrufbar. Infos über Carilaw gibt’s aber weiterhin bei der Caritas.

15.07.2019: Handy am Steuer 2019

Wer kennt das nicht: Zuhause oder bei der Arbeit „brennt“ es mal wieder, man müsste dringend dort anrufen, befindet sich aber in der Endlos-Schlange vor der roten Ampel. Da greift man doch aus Verzweiflung mal schnell zum Mobiltelefon – und das wird leider teuer.

Handy am Steuer = teuer
Handy am Steuer = teuer

Wer als Kraftfahrer am Steuer das Handy nutzt, erhält bekanntlich ein Bußgeld von 100 Euro und einen Punkt in Flensburg, mit Gefährdung oder Sachbeschädigung wird es sogar noch teurer, zusätzlich wird ein Fahrverbot verhängt. Und selbst Radfahrer zahlen für die Handynutzung auf dem Sattel noch 55 Euro. Diese Verschärfung auf Rechtsfolgenseite bei Handyverstößen seit Oktober 2017 hat sich mittlerweile herumgesprochen.

Weniger bekannt ist dagegen, dass nicht nur die Handynutzung verboten ist, sondern eine Vielzahl technischer Geräte dem § 23 Ia StVO unterfallen. Dort heißt es:

„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

  1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
  2. entweder
  3. a) nur eine Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion genutzt wird oder
  4. b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden.“

Die Vorschrift enthält also eine Menge unbestimmter Rechtsbegriffe und stiftet damit Verwirrung. Erfasst sind nämlich nicht nur die oben aufgezählten Geräte – Mobiltelefone, Autotelefone, Berührungsbildschirme (sog. Touchscreens), tragbare Flachrechner (z.B. Tablets), Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder sowie Videobrillen.

„Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind“ und „Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung“ sind je nach Auslegung wohl auch tragbare Spielekonsolen, E-Book-Reader, MP3-Player, Pager, Dash-Cams, Diktiergeräte, elektronische Organizer  und fest im Auto installierte Radio- und Navigationsgeräte.

Unser Tipp: Unterlassen Sie alles, was mehr als den in § 23 Ia 1 Nr. 2b) genannten kurzen Blick erfordert – lesen Sie also z.B. keine SMS und Whatsapp-Nachrichten während der Fahrt und telefonieren Sie ausschließlich mit Freisprechanlage. Denn acht Punkte in Flensburg sind schnell erreicht und der Führerschein weg.        

Erlaubt sind nach § 23 Ia 3 StVO „Sichtfeldprojektionen für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen“ und natürlich alle aufgezählten Geräte, sobald das Fahrzeug ab- und der Motor ausgestellt ist.

01.02.2019: Schutzstreifen für Radfahrer

Wann dürfen Schutzstreifen für Fahrradfahrer durch andere Verkehrsteilnehmer überfahren werden? Eine Geschichte hierzu wollten wir schon seit längerem bringen. Ein jüngst veröffentlichtes Gutachten der Unfallforschung der Versicherer (UDV) dazu fordert eine Beleuchtung der Thematik geradezu heraus.

Die Jöllenbecker Straße in Bielefeld mit Schutzstreifen auf der rechten Seite
Die Jöllenbecker Straße in Bielefeld mit Schutzstreifen auf der rechten Seite

Zunächst möchten wir den Blick auf das verknüpfte Foto lenken, dann zum Weiterlesen einladen. Die gestrichelten Radfahrstreifen auf beiden Seiten der Fahrbahn werden im Gesetz, genauer in Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 StVO, Zeichen 340 Nr. 2, Schutzstreifen für den Radverkehr genannt. Dort heißt es, sie dürfen nur bei Bedarf überfahren werden. Was Bedarf ist, das versucht Prof. Dr. Dieter Müller in seinem Gutachten zu analysieren

Bevor wir uns dem Gutachten zuwenden, noch ein Wort zum Radweg. Ein so genannter Radfahrstreifen ist gemäß VwVStVO zu §2 Absatz 4 Satz 2 ein mit Zeichen 237 „Radweg“ gekennzeichneter und durch Zeichen 295 „Fahrstreifenbegrenzung und Fahrbahnbegrenzung“ von der Fahrbahn abgetrennter Sonderweg. Ein solcher Streifen darf nur überfahren werden, um dahinter liegende Parkplätze zu erreichen. Darum soll es hier allerdings nicht gehen.

Sondern um den Schutzstreifen. Das Gutachten von Prof. Dr. Müller kommt hierbei zu einem eindeutigen Ergebnis: Der Schutzstreifen darf – wenn kein Fahrrad dort fährt – überfahren werden, um Gegenverkehr auszuweichen, weil das so vom Gesetzgeber vorgesehen ist. In allen anderen Fällen darf der Schutzstreifen nicht überfahren werden – auch wenn kein Fahrrad dort fährt. Wenn wir also das Foto betrachten: Nein, rechts neben dem Linksabbieger vorbeifahren ist nicht. Nachfolgender Verkehr hat sich bis unter den Ostwestfalendamm zu stauen.

Sie ahnen es: Wir teilen die Meinung von Prof. Dr. Müller nicht. Natürlich ist es Bedarf, rechts am Linksabbieger vorbeizufahren (immer vorausgesetzt, es wird kein Fahrradfahrer gefährdet oder behindert). Müller argumentiert handwerklich zweifelhaft. Zum einen stellt er einen Meinungsstreit in der Kommentarliteratur dar: zwischen Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, S. 628 Fn. 21 und Bachmeier/Müller/Rebler, Straßenverkehrsordnung Kommentar, § 42 StVO Rn. 15. Er gibt letzterer Meinung klar den Vorzug. Und wer ist der Kommentator dort? Richtig, Prof. Dr. Dieter Müller. Die einzige Literaturmeinung, die Müllers Auffassung stützt, ist demnach seine eigene.

Wie wäre es denn mal, juristisch methodisch korrekt auch Gegenargumente zu prüfen? Dass gestrichelte Linien im Zweifel überfahren werden dürfen, weil sie sonst durchgezogen werden? Dass auch durchgezogene Linien selbstverständlich dann überfahren werden dürfen, wenn sonst ein Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr droht? Dass der Gesetzgeber mit „Bedarf“ eben einen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt hat und nicht ins Gesetz geschrieben hat „nur bei Gegenverkehr“?

Wir können selbstverständlich keine Garantie dafür geben, dass nicht irgendeine Bußgeldstelle oder irgendein Bußgeldrichter das Überfahren des Schutzstreifens für rechtswidrig hält. Aber selbst wenn: Die 10 Euro gemäß Ziffer 155 Bußgeldkatalog wären sinnvoll investiert.

14.08.2018: Kinder und Smartphones

Ab welchem Alter sollten Kinder Zugang zu Smartphones und ähnlichen Geräten haben und wie sollte dieser ausgestaltet sein? Diese Frage beschäftigt nicht nur Eltern und Pädagogen, sondern auch die Justiz.

Kinder kommen früh mit Smartphones in Berührung. Rechtlich spannend wird es allerdings in der Regel erst dann, wenn sie darauf nicht nur lustige Videos anschauen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied kürzlich (AZ 2 UF 41/18), dass den zuvor durch das Amtsgericht getroffenen Auflagen hinsichtlich der Smartphone-Nutzung einer Achtjährigen keine Geltung zukommen sollte. Befristet bis zum zwölften Geburtstag des Kindes sollten feste Regeln, insbesondere verbindliche Zeiten und festgelegte Inhalte bezüglich der im Haushalt verfügbaren Geräte gelten. Hatten sich die Eltern des Kindes sich zuvor noch über das Aufenthaltsbestimmungsrecht gestritten, stellten sie sich nun einig gegen die Auflagen des Familiengerichts.

Das OLG gab ihnen Recht: In seinem Beschluss vom 09.07.2018 stellte es fest, dass familiengerichtliche Auflagen zur Mediennutzung eines Kindes nicht schon dann zulässig seien, wenn es im Besitz eines Smartphones mit Internetzugang ist. Auflagen seien nur dann geboten, wenn im Einzelfall eine konkrete Kindeswohlgefährdung mit ziemlicher Sicherheit erwartet oder bereits festgestellt  werden könne. Die bloße Möglichkeit reiche hingegen nicht aus. Das OLG traut Eltern somit eine gewisse Verantwortung im Hinblick auf die Smartphone- und Internetnutzung ihrer Kinder zu.

Es ist wohl auch sinnvoll, wenn die Justiz nicht ohne Not in das Erziehungsrecht der Eltern eingreift, jedoch dann tätig wird, wenn wirkliche Kindeswohlgefährdungen zu erwarten sind oder bereits bestehen. Eltern sollten verantwortlich – und im Falle der  gemeinsamen elterlichen Sorge auch zusammen – entscheiden, ab wann ihr Kind mit dem Smartphone umgehen sollte. Hierbei ist sicherlich zu beachten, dass derartige Medien heutzutage dazugehören und dem Kind ohne Nutzung Nachteile im (sozialen) Leben entstehen könnten. Andererseits müssen Eltern ihr Kind aber auch immer vor den Gefahren des Internets – etwa durch Filter zum Schutz vor Gewaltseiten o.ä. – bewahren.

05.06.2018: Neue Themenseite zum Thema Tiere – Trennung – Hausratsteilung

Viele Menschen haben eine sehr enge Bindung zu ihren Hunden oder Katzen oder sehen sie sogar als ihre Kinder an. Doch im Falle einer Trennung und Scheidung werden sie keinesfalls als solche behandelt. Zwar sind Tiere heutzutage durch das Tierschutzgesetz gut geschützt, im Scheidungskontext gelten sie aber nach wie vor als Gegenstände und zählen oftmals zum Hausrat. Wir haben Ihnen hier weitere Informationen zusammengestellt.

18.05.2018: Unser Engagement bei CariLaw

Wir unterstützen das Projekt „CariLaw“ der Caritas Paderborn und der Universität Bielefeld. Studenten ergänzen bestehende Beratungsangebote, indem sie für Rat- und Rechtssuchende kostenlos Probleme juristisch aufarbeiten und Handlungsempfehlungen aussprechen. Wie auch andere Kollegen begleiten wir die Studenten, um ihnen einerseits einen Lerneffekt fürs spätere Berufsleben zu bieten, andererseits das Beratungsergebnis abzusichern. Gerne stellen wir den Kontakt zum CariLaw-Team her und/oder nehmen das Kontaktformular entgegen.

04.05.2018: In drei Wochen tritt die neue Datenschutz-Grundverordnung in Kraft

Die Datenschutz-Grundverordnung legt ab dem 25.05.2018 neue Anforderungen an Datenverarbeitung fest. Gerne beraten wir Sie zu diesbezüglichen Fragen. Wir haben unsere eigene Datenschutzerklärung bereits an die neuen Vorgaben angepasst.

20.02.2018: Änderungen beim Unterhaltsvorschuss

Mittlerweile ist das neue Unterhaltsvorschussgesetz in Kraft getreten. Die wichtigsten Änderungen noch einmal zur Erinnerung: Die Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist entfallen, darüber können Kinder nicht mehr nur bis zur Vollendung des zwölften, sondern des 18. Lebensjahrs Unterhaltsvorschuss erhalten. Für das 13. bis 18. Lebensalter ist der Unterhaltsvorschuss allerdings an weitere Voraussetzungen geknüpft. Der Unterhaltsvorschuss kann beim zuständigen Jugendamt beantragt werden. Bei Fragen rund um den Unterhaltsvorschuss beraten wir Sie gern.

02.10.2017: Ehe für alle

Zum 1 Oktober ist die Gesetzesänderung zur sogenannten Ehe für alle in Kraft. Die Mehrheit der Abgeordneten hatte Ende Juni dem Gesetzesentwurf zugestimmt, nachdem schwule und lesbische Paare nunmehr die Ehe eingehen dürfen. Was ändert sich jetzt?

Bereits seit 2001 haben homosexuelle Paare in Deutschland die Möglichkeit, eine eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz zu begründen. Ehen zwischen verschieden- und Lebenspartnerschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren sind bislang größtenteils gleichgestellt. So haben homosexuelle Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, die gleichen Rechte wie Ehegatten, etwa was die Bereiche Erbrecht, Steuerrecht oder Unterhaltsrecht angeht.

Unterschiede bestehen vor allem in den Begrifflichkeiten: Eine Ehe wird beispielsweise ins Eheregister eingetragen, eine Partnerschaft ins Lebenspartnerschaftsregister; Ehen werden geschieden, Lebenspartnerschaften aufgehoben.

Der einzige „echte“ Unterschied bestand bislang im Bereich Adoption: So war es eingetragenen Lebenspartnern nicht möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren. Dies ändert sich nun mit der Ehe für alle. Ansonsten ist diese vor allem als eine symbolische Gleichstellung zu sehen.

Die eingetragene Lebenspartnerschaft kann nun nicht mehr geschlossen werden, bestehende aber weitergeführt werden. Paare, die bereits in einer solchen leben, können vorm Standesamt erklären, künftig in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zu leben; eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht.

11.05.2017: Rasenmähen zur Mittagszeit

Neulich am Mittagstisch. „Soll ich mal Rasenmähen?“ „Jetzt aber nicht, is‘ doch mittach“.  Und schon haben wir ein neues, launiges Thema für unsere Service-Rubrik. Darf ich mittags Rasenmähen? Freitag-, Samstag-, Sonntagmittag?

Die Antwort ist mal wieder nicht ganz einfach. Sonntags, so viel ist klar, dürfen in Wohngebieten überhaupt keine motorbetriebenen Gartengeräte betrieben werden. Das verbietet schon die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (noch amtlicher: die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), also Bundesrecht. Dasselbe gilt für Feiertage und die Zeit zwischen 20 und 7 Uhr.

Dann gibt es landesrechtliche und kommunalrechtliche Vorschriften, die zu weiteren Zeiten den Betrieb sämtlicher Geräte untersagen können. Weil unsere Mandanten mittlerweile nicht nur aus NRW, sondern auch aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kommen (ja, echt jetzt!), wäre eine abschließende Auflistung etwas zu ambitioniert.

Widmen wir uns lieber der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung, denn die gibt genug her für seitenweise Rechtsverdrehung. Manche Geräte dürfen nämlich tatsächlich nicht mittags, genauer: von 7 bis 9 Uhr, von 13 bis 15 Uhr und von 17 bis 20 Uhr, betrieben werden. Als da wären: Freischneider, Grastrimmer und Graskantenschneider, Laubbläser und Laubsammler. Erlaubt hingegen sind (neben dem Rasenmäher) Rasentrimmer und Rasenkantenschneider.

Und an dieser Stelle wissen selbst wir nicht weiter. Was ist der Unterschied zwischen Rasentrimmer, Grastrimmer und Freischneider? Wo ordne ich die Motorsense ein? Klar, Rasentrimmer sind elektrisch betrieben, Grastrimmer und Freischneider haben einen Verbrennungsmotor. Diese Weisheit haben wir aber aus dem Baumarktprospekt und von Herstellerwebsites. Wer uns eine gesetzliche Definition nennen kann, schreibe uns bitte unter tm@boss-meyer.de. Beim Rasenmäher hingegen ist die Motorisierung völlig egal. Verstöße sind übrigens Ordnungswidrigkeiten nach § 62 Bundesimmissionsschutzgesetz und können mit Geldbuße bis zu 50.000,00 € geahndet werden.

Noch einmal zurück zum Mittagstisch: Montags bis samstags kann zwischen 7 und 20 Uhr aus Sicht des Bundes nach Herzenslust Rasen gemäht werden – nach Landes- und Kommunalrecht kann das aber anders aussehen. Da sich der Mittagstisch aus unserer kleinen Geschichte in Enger befindet, steht dem mittäglichen Mähen nichts im Wege.

14.04.2017: Aktuelles zum Umgangsrecht

Das sogenannte Residenzmodell ist die im Umgangsrecht überwiegend praktizierte Regelung: Das Kind lebt nach der Trennung bei einem Elternteil, der andere nimmt – zum Beispiel jedes zweite Wochenende – den Umgang wahr. Demgegenüber steht das Wechselmodell, bei dem das Kind eine Woche bei einem Elternteil lebt, die nächste stets im Wechsel bei dem anderen.

Letzeres kann auch gegen den Willen eines Elternteils durchgesetzt werden, entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: XII ZB 601/15). Das bedeutet, dass auch ein Familiengericht das Wechselmodell bei Uneinigkeit der Eltern anordnen kann, was bislang umstritten war.

Natürlich kann eine solche Entscheidung nur ergehen, wenn sie dem Kindeswohl am ehesten entspricht. Unerlässlich für das Wechselmodell ist es daher, dass die Eltern grundsätzlich in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren und Absprachen zu treffen. Je älter ein Kind ist, desto wichtiger sind auch seine Wünsche bezüglich der Wohnsituation.

27.03.2017: Wenn Briefe oder Pakete verloren gehen oder beschädigt werden

Wer etwas versendet oder eine Sendung erwartet, der dürfte sich in aller Regel schon einmal Gedanken über die Haftung im Verlust- oder Beschädigungsfall gemacht haben. Haben Sie aber gewusst, dass Sie, wenn Sie Geld mit der Deutschen Post („Wert National“) verschicken, im Falle des Verlusts von 100,00 € den vollen Betrag erstattet bekommen, bei einem Verlust von 101,00 € aber gar nichts?

Oder dass im Falle eines verlorenen Pakets bei Hermes derjenige eine Erstattung von Hermes erhält, der sich zuerst meldet – und der Absender, der den Schaden hat, eventuell leer ausgeht? Wir nehmen zwei Fälle aus unserer Praxis zum Anlass, das Thema zu beleuchten, das wir – ganz untechnisch –  „Versicherter Versand“ nennen wollen.

Unser neuer Beitrag in der Service-Rubrik zeigt mögliche Fallstricke beim Brief- und Paketversand auf. Lesen Sie hier weiter!

17.01.2017: Der BGH und die Patientenverfügung II

Vor einiger Zeit haben wir uns an dieser Stelle mit den Vorgaben des Bundesgerichtshofes zur Abfassung einer Patientenverfügung und der Frage beschäftigt, wie konkret und bestimmt eine solche formuliert zu sein hat. Mit einer ebenso spannenden, aber weniger beachteten Thematik beschäftigte sich der BGH im gleichen Beschluss vom 06.07.2016 in einem obiter dictum: Besteht die Möglichkeit des Widerrufs einer Patientenverfügung durch den einwilligungsunfähigen Patienten?

Das Problem: In einer Patientenverfügung trifft eine Person – bezogen auf medizinische Eingriffe – im Voraus Festlegungen für den Fall, dass sie ihren Willen nicht mehr wirksam bilden und erklären kann. Was aber, wenn eine einwilligungsfähige Person eine Patientenverfügung verfasst und später – nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit – durch ihr tatsächliches Verhalten zum Ausdruck bringt, dass sie an den schriftlich getroffenen Vorgaben nicht mehr festhalten will?

Der BGH führt dazu aus: „In diesem Zusammenhang hat der Bevollmächtigte auch zu hinterfragen, ob die Entscheidung noch dem Willen des Betroffenen entspricht, was die Prüfung einschließt, ob das aktuelle Verhalten des nicht mehr entscheidungsfähigen Betroffenen konkrete Anhaltspunkte dafür liefert, dass er unter den gegebenen Umständen den zuvor schriftlich geäußerten Willen nicht mehr gelten lassen will und ob er bei seinen Festlegungen diese Lebenssituation mit bedacht hat.“ Eine Entscheidung trifft das oberste Gericht auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit jedoch nicht.

Die Literatur beschäftigt sich daher mit verschiedenen Lösungsansätzen. Der noch einwilligungsfähige Patient kann eine Patientenverfügung nach dem Gesetz jederzeit formlos widerrufen. So wird zum Teil überlegt, das zum Ausdruck gebrachte Verhalten als einen solchen Widerruf zu sehen und die Patientenverfügung in einem solchen Fall nicht mehr gelten zu lassen. Jedoch setzt ein Widerruf wie schon die Erstellung der Patientenverfügung selbst Einwilligungsfähigkeit voraus – ein einwilligungsunfähiger Mensch kann nach überwiegender Meinung keine wirksame Willenserklärung mehr abgeben.

Eine andere Idee ist, auf den mutmaßlichen Willen der einwilligungsunfähigen Person abzustellen und nach diesem zu entscheiden; dies läuft jedoch der Gesetzeslage zuwider, nach der es auf den mutmaßlichen Willen nur ankommen kann, wenn keine wirksame Patientenverfügung vorliegt. Für die Praxis interessanter und umsetzbarer erscheinen da die möglichen Wege, bereits bei Erstellung der Patientenverfügung festzulegen, was geschehen soll, wenn nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit ein ihrem Inhalt widersprechender natürlicher Wille zutage tritt.

15.09.2016: Der BGH und die Patientenverfügung I

Mit der Frage, wie genau eine Patientenverfügung abgefasst zu sein hat, mussten sich kürzlich die Richter in Karlsruhe beschäftigen. Drei Töchter stritten sich vor dem Bundesgerichtshof um Leben oder Sterben ihrer Mutter.

Diese hatte zwei Patientenverfügungen erstellt, in denen es laut BGH-Beschluss vom 06.07.2016 (Aktenzeichen XII ZB 61/16) heißt: „Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten.

Dagegen wünsche ich, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozeß befinde, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde, oder dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewußtseins besteht, oder dass aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt, oder dass es zu einem nicht behandelbaren, dauernden Ausfall lebenswichtiger Funktionen meines Körpers kommt.“

In einer Vorsorgevollmacht hatte sie zudem eine ihrer drei Töchter als Bevollmächtigte eingesetzt, die Patientenverfügung im Fall des Falles umzusetzen. Im Jahr 2011 erlitt die Frau einen Hirnschlag, noch im Einvernehmen mit ihr wurde ihr eine Magensonde zwecks Ernährung über diese eingesetzt.

Später erlitt sie jedoch epileptische Anfälle, die ihr die Fähigkeit, sich zu äußern, nahmen und ihr Gehirn dauerhaft schädigten. Die bevollmächtigte Tochter hatte in Absprache mit der Hausärztin entschieden, die Magensonde nicht entfernen zu lassen, die beiden Schwestern sind gegensätzlicher Ansicht.

Der BGH stellte sich auf die Seite der bevollmächtigten Tochter und entschied, dass allein die Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen nicht ausreichend sei, die künstliche Ernährung zu beenden und die Mutter somit sterben zu lassen. Vielmehr müsse sich eine Patientenverfügung konkret mit bestimmten Krankheitsbildern oder medizinischen Maßnahmen auseinandersetzen. „Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen“, heißt es im Beschluss.

Kritiker sind der Ansicht, dass ein medizinischer Laie gar nicht in der Lage sei, alle denkbaren Krankheitsbilder oder Behandlungsmethoden zu kennen und zu benennen. Doch das verlangt der BGH auch gar nicht: „Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt.“

Wir empfehlen, sich zur Erstellung einer Patientenverfügung rechtlichen und auch ärztlichen Rat einzuholen. Sprechen Sie uns dazu gerne an.

Darüber hinaus kam der BGH in besagtem Beschluss zu dem Ergebnis, dass die Vorsorgevollmacht gültig sei und ein Eingreifen erst gerechtfertigt, wenn die bevollmächtigte Tochter sich erkennbar über den Willen der Mutter hinwegsetze; dies sei aber nicht der Fall. Der BGH verwies die Sache zurück an das Amtsgericht Mosbach, welches nun die Frage zu klären hat, ob es weitere Hinweise auf den mutmaßlichen Behandlungswillen der Mutter – wie etwa Äußerungen ihrerseits in der Vergangenheit – gibt.

29.08.2016: Das neue Sexualstrafrecht

Einen Überblick über die geplanten Änderungen des Sexualstrafrechts haben wir hier zusammengestellt.

02.08.2016: Widerspruch / Widerruf bei Lebensversicherungen und Rentenversicherungen

Lebens- und private Rentenversicherungen stellen sich im Nachhinein oftmals als mittelmäßig rentable Altersvorsorge dar. Ähnlich wie bei unseren Ausführungen zu Kreditverträgen besteht daher für die Kunden ein Interesse daran, diese Verträge zu widerrufen – ausführliche Informationen finden Sie hier!

08.07.2016: Das Impressum und die Steuernummer

Wer als Unternehmer eine Webseite betreibt, muss dort verschiedene Angaben machen. Ins Impressum gehört auch die Umsatzsteuer-ID, sofern eine solche vorhanden ist. Oft genug wird diese aber mit der Steuernummer verwechselt, was Risiken birgt. Lesen Sie hier weiter!

06.05.2016: Keine Entschädigung für unmöglichen Umsteigeflug

Flugzeug verlassen, Koffer abholen, Busticket besorgen, mit dem Bus im Berufsverkehr quer durch Paris fahren und eine Stunde vor Boarding am anderen Flughafen sein – und das in nur drei Stunden: Aufgrund dieser knappen Kalkulation seitens Air France haben zwei Hamburger einen Anschlussflug nach Guadeloupe verpasst. Dafür schuldet Air France Schadensersatz, aber keine Entschädigung nach EU-Recht, befand jetzt das Amtsgericht Hamburg.

Dabei überzeugt die juristische Argumentation, befriedigend ist das Ergebnis jedoch nicht. Bekanntlich kann nach der Fluggastrechteverordnung derjenige einen Pauschalbetrag als Entschädigung beanspruchen, der von einer Fluggesellschaft nicht oder mit Verspätung befördert wird. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Passagier rechtzeitig am Schalter einfindet. Weil die beiden Kläger dies für den Anschlussflug nicht getan haben, gibt es keine Entschädigung.

Dabei sei es unerheblich, dass sie aufgrund eines Verschuldens der Fluggesellschaft am rechtzeitigen Einfinden gehindert worden sind, befand das Gericht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass Air France die Reise als einheitlichen Flug verkauft, bei dem der Transfer zwischen den beiden Flughäfen Orly und Charles-de-Gaulle ebenfalls von Air France mitorganisiert und kostenlos zur Verfügung gestellt wird. »Sie hätten ja auch ein Taxi nehmen können«, hielt das Gericht den Klägern vor. So sprach das Gericht lediglich Schadensersatz für die bezahlte, aber nicht wahrgenommene Hotelübernachtung in Guadeloupe zu.

Der Fall zeigt, dass hinsichtlich der Fluggastrechte noch Nachholbedarf beim EU-Gesetzgeber besteht. Mit der Fluggastrechteverordnung wollte man den Fluggesellschaften das Geschäft mit Überbuchungen vermiesen. Jetzt müsste ihnen aufgezeigt werden, dass sich das Anbieten unmöglicher Flugverbindungen ebenfalls nicht lohnt. Bis dahin können wir nur raten, ausschließlich Flüge mit ausreichender Umsteigezeit zu buchen.

12.04.2016: Neue Detailseiten zum Sorgerecht und Mietrecht

Nachdem wir unter den jeweiligen Rechtsgebieten jeweils einen Überblick über unsere Tätigkeiten geben, wollen wir an geeigneter Stelle tiefergehende Informationen zu speziellen Teilbereichen anbieten. Der Service-Bereich soll hingegen einzelnen Fällen aus unserer Praxis und aktuellen Themen vorbehalten bleiben. Den Anfang machen unsere Leitfäden zum gemeinsamen Sorgerecht und zu Mieterhöhungen.

22.03.2016: Betreuungsverfügung, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht

Wir haben hier ein paar Informationen zusammengestellt, die eine erste Orientierung bieten. Während die Muster, die das Bundesjustizministerium zur Verfügung stellt (Betreuungsverfügung, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht) grundsätzlich empfehlenswert sind, haben wir festgestellt, dass gleichwohl großer Beratungsbedarf besteht. Sprechen Sie uns an!

30.01.2016: Wir eröffnen unsere neue Zweigstelle in Enger